Das japanische Animationsstudio Manglobe Inc., dürfte dem heimischen Anime Publikum bislang besonderst durch drei Grenzgänger Produktionen im Gedächtnis hängen geblieben sein.
Samurai Champloo (2004), Ergo Proxy (2006) und Michiko to Hatchin (2008).
Drei Serien… so weit von einem Kommerziellen Erfolg entfernt, dass es schon schmerzhaft wird. Ein Serien Trio welches dafür einen unkonventionellen Inhalt auffuhr, den eine kleine Riege von Anime Fans auch heute noch mehr als zu schätzen weiss.
November 2011 kam über den Anime Anbieter Beez Entertainment ein weiteres sehenswertes Werk hinzu.
Ein Charakter Bio Pic über eine Verbrecherbande in Japan zur Edo Zeit (1603 – 1868).
Sarai-ya Goyou [House of Five Leaves]
Der Ronin Akitsu Masanosuke begibt sich vom Lande in die Hauptstadt Edo um hier an Arbeit und Geld für seine Familie in der Ferne zu gelangen.
In der großen Stadt angekommen, findet er trotz ansehnlicher Schwertkampfkünste dennoch keine feste Anstellung. Dieses Dilemma liegt in Akitsu’s eigener Persönlichkeit begründet… der sanftmütige und ängstliche Ronin ist furchtbar introvertiert. Nach einer weiteren Job Abfuhr treibt Akitsu zunächst ziellos durch die Straßen von Edo, bis er kurze Zeit später auf eine mysteriöse Frau und deren männlichen Begleiter trifft.
Von der Schönheit der unbekannten Dame überrumpelt, wird er schließlich durch den kurzen stechenden Blick des Mannes total verunsichert. Akitsu flüchtet Hals über Kopf. Nur keinen Ärger einhandeln…
Weit kommt er nicht unser Ronin. Erschöpfung und der plagende Hunger lässt ihn kurz darauf rasten. Wäre dies nicht schlimm genug, taucht auch prompt der Unbekannte Mann wieder auf.
„Wenn man Hunger hat, schmeckt alles“. Eine prägende Szene zu Beginn von House of Five Leaves. Jene wird den Zuschauer am Ende der Serie erneut ein wissendes Grinsen entlocken…
Er läd den völlig verunsicherten Akitsu zum Essen ein und beide kommen ins Gespräch…
Der Fremde stellt sich als Yaichi vor und offeriert dem perplexen Ronin einen Job als Yojimbo (Leibwächter).
Ohne es anfangs zu ahnen, rutscht der eigentlich ehrenhafte Akitsu langsam aber sicher in die Machenschaften der fünfköpfigen Verbrecherbande namens House of Five Leaves ab. Lernt dabei die anderen Mitglieder der Bande kennen und wird so Teil ihres nahezu unbekümmerten Lebensstils.
Da wäre an erster Stelle natürlich Yaichi, der Anführer der Gruppe welchen Akitsu für seine Lebensweise und Ausstrahlung immer mehr bewundert. Aber auch Ume, der Besitzer des Sake Restaurants, dass gleichzeitig als Zentrale der Five Leaves fungiert. Er versorgt zusammen mit seiner Tochter Okinu (welche von seinen Machenschaften weiss, es dennoch toleriert) die restliche Bande mit Essen und trinken.
Ebenso wundervolle Charaktere sind die ehemalige Prostituierte Otake aus dem Fukagawa Bezirk und der Ex Einbrecher Matsukichi, der in seiner freien Zeit Haarnadeln herstellt um somit extra Geld für sein Kind und dessen mittlerweile wieder verheiratete Frau zu bekommen.
Abgerundet wird der illustre Charakterreigen mit dem ehemaligen Verbrecherboss den alle nur den Weisen nennen und das Five Leaves Team von etwas außerhalb der Hauptstadt unterstützt. Ebenfalls nicht zu vergessen sei der dem Shogunat unterstellte Polizist Yagi sowie weitere kleine Gauner aus der Vergangenheit diverser Five Leaves Mitglieder. Um all diese webt der Regisseur Tomomi Mochizuki, schließlich dass dichte Charaktergeflecht, welches sich nach und nach zur spannenden Geschichte von House of Five Leaves entwickelt.
Sarai-ya Goyou – Persönliche Meinung
WOW! Das waren im Nachhinein glaube ich die ersten Gedanken, welche mir nach Sichtung der 12 teiligen TV Serie aus dem Jahre 2010 in den Sinn kamen.
Nahezu unbelastet durch das Original Manga aus der Feder von Mangaka Natsume Ono das im Juli 2006 startete, wurde ich durch den spontanen DVD Kauf wirklich positiv überrumpelt.
Die 8 Bändige Manga Reihe House of Five Leaves erscheint seit September 2010 auch als Englische Version bei VIZ Media. Natsume Ono’s Zeichenstil schafft durch ihre reduzierte und einfache Darstellung ein äußerst beeindruckendes Gesamtbild.
Sarai-ya Goyou (House of Five Leaves) entpuppt sich als äußerst klug beobachtete und nicht weniger authentisch erzählte TV Serie der ganz besonderen Art. Hier wird fast schon untypisch für dieses Format spannendes und betont langsames Erzählkino betrieben. Kenner des japanischen Kinos werden zudem die Parallelen zu einer klassischen Jidaigeki Erzählung wiederfinden.
In House of Five Leaves findet man weder hektisch, dem Selbstzweck dienendes Klischee Samurai Schwertkampfgefuchtel noch besonderst „schönes“ Charakterdesign oder übertriebenes Special FX Gewitter. Die wenigen, äußerst kurzen Kämpfe, wirken fast schon störend.
Regisseur Tomomi Mochizuki entwirft stattdessen ein realistisch und reduziert erzähltes Werk, dessen Stützpfeiler die nahezu präzise ausgeleuchteten Charaktere und deren Konstellationen unter und miteinander bilden. Wir haben unzählige Einstellungen auf Gebäude und Straßenzüge. Atmen das Leben der vergangenen Zeit. Nehmen teil an der Trink und Esskultur der Five Leaves Bande.
Die TV Serie schwelgt in den Menschen, deren Geschichten und Vergangenheiten. Alter Zeitgeist wird hier tatsächlich wieder munter. Dies ist eine der unübersehbaren Stärken jener Geschichte und ein äußerst typisches Merkmal für eine Jidaigeki Erzählung. Gut getimed werden Enthüllungen eingebracht. Sarai-ya Goyou nimmt sich auch die Zeit (zumindest bei den Membern der Five Leaves) einen guten Charakter Background zu erschaffen.
Zusätzlich unterstrichen wird House of Five Leaves durch passendes, für viele aber seltsam anmutendes Charakter Design aus der Feder von Kazuto Nakazawa. Jener trifft dennoch die Intension von Ono’s Manga Vorlage meiner Meinung nach unglaublich gut.
Die Personen und deren Mimik wird auch in der TV Umsetzung durch klare, minimalistische Formen herüber gebracht. Augen (besonderst bei Protagonist Akitsu) sind bei House of Five Leaves quasi schwarze Löcher, welche in den Zuschauer zu sehen scheinen und jener darin verschwindet.
Der Mund ist quasi nur in Strichform vorhanden. Die jeweilige Stimmung und glaubwürdige Mimik der Charaktere kann dennoch absolut überzeugend wiedergegeben werden.
House of Five Leaves verlässt sich mit sicheren Gespür auf eine komplexe menschliche Geschichte. Mit dieser Fokussierung eingebunden durch stilvolle Location und klassischer, teils aufgepeppter Musikuntermalung wird aus Sarai-ya Goyou fast schon ein Zeitgeschichtliches Dokument.
Die 12 Episoden sind wie ein uralter Fluss der langsam dahinfließend dem Zuschauer nach und nach seine Geschichten und Charaktere offenbart. Man sollte für diese in vielen Belangen außergewöhnliche Serie, Zeit und Aufmerksamkeit mitbringen.
In House of Five Leaves findet sich Ruhe, Erkenntnis, Erleben und historische Geschichte wieder. Wenn dann auch noch die Charaktere sowie die unzähligen Nebencharaktere fast nahezu perfekt mit dem Konzept harmonieren, findet man Schönheit und die unumstößliche Gewissheit, gerade etwas besonderes gesehen zu haben.
Sarai-ya Goyou erinnert sich selbst und den Zuschauer mit ungetrübten Blick an die einfachen Dinge.
Eine Erkenntnis welche in unserer oberflächlichen und hektischen Welt, aber auch im Hobby scheinbar schon lange verloren sind. House of Five Leaves ist eine jener Anime TV Serien, welche ohne Furcht dem Kommerziellen Ausverkauf entgegen tritt. Hier wird nur ein verschwindend geringer Teil daran Freude finden.
Doch jene wenige werden durch eine Konzeptionell mutige und erzählerisch herausragende Serie belohnt.
Und genau dieses Wissen, dass dort draußen noch tatsächlich gute Geschichten und Charaktere existieren, welche gegen den Strom schwimmen, macht japanische Animation (zumindest für mich) auch nach so vielen Jahren immer noch unheimlich unterhaltsam.
Credits >
schönes review, nico.
Danke.
Dennoch… der eigentliche Dank gilt meiner Meinung nach den wirklich mutigen Machern dieser wundervollen TV Serie ^^
ok, dann nehme ich es zurück, wenn du nicht willst.
😛