Mit dem Action Titel Gungrave, haben wir zur Abwechslung mal ein echt interessantes Stück Software in SONY’s PlayStation 2. Warum?
Gungrave diente diesmal nicht wie sooft als nachträgliche Game Lizenzversoftung einer Anime oder Mangavorlage [die es in diesem Fall erst gar nicht gibt], sondern entpuppt sich als Ausgangstitel der später folgenden 26 teiligen Anime TV Serie selbigen Namens.
Dies ist in heimischen Breiten eher selten zu sehen und von daher möchte ich diesen Titel mal etwas genauer vorstellen.
Beyond the Grave
Das mittlerweile zehn Jahre alte GUNGRAVE [die PAL Version erschien im November 2002], lullt den Spieler zu Beginn mehr als nur ein.
Verpackt in ein äußerst atmosphärisches Anime Intro, lernt der Spieler eine anonyme Großstadt kennen. Inmitten selbiger. Ein Turm. Riesig hoch. Ausdruck von menschlichen Streben nach Perfektion, Macht und Unersättlichkeit.
Von der Spitze der Stadt bahnt sich die Kamera schließlich ihren Weg nach unten. Zum Boden. Zum Beginn von allen.
Nur noch begleitet von tröpfelnder Musikuntermalung und bedächtigen Schneefall, der von grellen Scheinwerferlichtern zerschnitten wird.
Ganz unten angekommen treffen wir auf Sie… ein junges Mädchen welches erschöpft und verletzt einen riesigen Sarg hinter sich her zieht. Reichlich sonderbar.
Einen Szenencut später finden wir uns in der Wohnung eines älteren Mannes wieder. Oder ist es doch eher eine Basis? Egal. Er ist jedenfalls nicht allein…
Eine weitere – quasi in der Dunkelheit – sitzende Person ist bei ihm. Keinerlei Regung geht von selbiger aus. Der alte Mann arbeitet am Computer. Geräusche vor der eigenen Tür lassen den Mann schließlich in seiner Arbeit innehalten.
Er begibt sich zur Tür, öffnet selbige vorsichtig und erschöpft bricht das eben kennengelernte Mädchen quasi zwischen Tür und Angel endgültig zusammen.
Wie auf einen unsichtbaren Befehl hin, steht wortlos der zweite Mann auf und greift sich einen Koffer aus dem Sarg. Öffnet ihn und fördert zwei riesige Gewehre hervor.
Das er die nochmal sehen würde… sinniert der Alte.
Der Unbekannte schnürt sich den Sarg auf den Rücken, wirft anschließend noch einen kurzen Blick auf das bewusstlose Mädchen und geht schließlich.
Doch dies bekommt das Mädchen gar nicht mehr mit. Ihre Aufgabe ist erfüllt. Die Gewehre wurden an den Besitzer übergeben.
Er ist Beyond the Grave. Und sein Rachefeldzug beginnt jetzt…
Tokioka ist einer der wenigen Freunde, welche Grave noch hat.
Hat man zu Beginn die nötigen Spracheinstellungen getroffen [Deutsch, Englisch, Französisch], darf man sich im Anschluss über einen in schnellen Schnitten präsentierten kurzen Einleiter freuen.
Ein wortloser, extrem überzeichneter japanischer Antiheld. Untot und übel gelaunt noch dazu, weil in ihm die Rachegefühle mehr als nur kochen.
Diese Rahmenbedingungen sind für die Action welche in wenigen Minuten starten wird, mehr als ausreichend.
Erster positiver Aspekt von Gungrave nachdem man in den Optionen seine individuellen Einstellungen getroffen hat und ein neues Spiel startet… das bereits oberhalb angeschnittene Anime Intro, bietet neben den deutschen Bildschirmtexten von Haus aus japanische Sprachausgabe.
Dies war seinerseits [und bedauerlicherweise auch heute noch] beileibe kein Standard. Gerade bei kleineren und nahezu unbekannten IPs. Es unterstreicht jedenfalls die effektvoll gelungenen Animesequenzen von und bei Gungrave.
Und dann gehts ab ins Spielgeschehen…
Waffenballett
Gungrave präsentiert sich als konsequent linearer 3D Action Shooter im Cel Shading Look. Gesegnet durch diese Designentscheidung der Macher, wird auch schnell die Nähe zur Anime und Mangakultur ersichtlich.
Ein realistischeres Aussehen dieses düsteren Universums, hätte meiner Meinung nach viel von der wirklich tollen Atmosphäre des Titels zerstört.
Aber so… wenn Grave tollwütig durch die Gegend ballert, nimmt das in diesem Designstil schon leicht interaktive Anime Unterhaltung an. Durch die verschiedenen Moves und Mänover welche unser Antiheld zusätzlich besitzt, wird auch die Nähe zu diversen Hongkong Action Filmchen ersichtlich.
Unabhängig davon…
Der untote Rächer steuert sich via Linken Analog Stick erstaunlich präzise durch die insgesamt 6 Abschnitte [Diskothek Schlachthaus, Fabrik, Chinatown, U-Bahn, Abwasserkanal & Turm] des Spiels.
Mit Druck auf die Viereck Taste, lässt Grave seine geliebten Gewehre namens Cerberus unendlich Kugeln auf die Gegner spucken.
Die durchschlagskräftigen Waffen verfügen dabei über zwei mögliche Schussfrequenzen. Schnellfeuer und zum anderen fixiertes Feuern [L1]. Gerade letzteres wird für ein weiteres Feature [dazu später mehr] bei GUNGRAVE äußerst nützlich werden.
Die Cerberus Gewehre von Grave. Spiel & Anleitung übersetzen leider fälschlicherweise mit Cerberos.
Rennen tut unser Held eher behäbig – dennoch realistisch – durch drücken auf die Kreis Taste.
Man muss sich vor Augen halten, dass der Protagonist noch einen Sarg inklusive weiterer Waffen geschultert hat. Da bewegt man sich nunmal nicht mehr leichtfüßig wie eine Gazelle.
Mit der X Taste vollführt der düstere Rächer schließlich Sprünge. Kombiniert man die X Taste mit gewünschten Richtungsdruck des Analog Sticks, startet Grave nun Bullet Time Aktionen.
Posen kann der schweigsame Geselle natürlich auch stilvoll, dafür reicht ein Druck auf die Select Taste des Controllers.
Zur zusätzlichen Verteidigung gegen die unzähligen Gegnerhorden des Syndikats, stehen neben der Cerberus auch der Sarg [R1 Taste] zur Verfügung. Hier gilt zu beachten, dass man je nach Gegnerart Grave’s Sarg mehrfach schwingen muss um die Kontrahenten endgültig auszuschalten.
Ganz besondere Bedeutung respektive Aufmerksamkeit, kommen der Spezialtechnik [Superschuss] bei GUNGRAVE zugute.
Hierfür muss in den Abschnitten fast schon taktisch vorgegangen werden, um einerseits die links oben befindliche Superschussanzeige [durch einen Totenkopf symbolisiert] auf maximal 9 Schüsse zu pushen, andererseits muss man dabei auch den rechts zu findenden Trefferkombo Counter im Blick behalten.
Bei GUNGRAVE werden nämlich nicht nur Gegner erledigt, sondern auch diverses Levelinventar. Und dafür gibt es Kombopunkte, welche den erwähnten Superschuss auffüllen.
Umso höher die Kombokette ohne Unterbrechung ausfällt, desto rascher füllt sich die darum befindliche blaue Leiste. Daher gilt… immer möglichst hohe Kombos in den Abschnitten erzielen.
Eine weitere Auffälligkeit bei GUNGRAVE betrifft die Energieleiste [oben rechts unter den Highscore Punkten]. Während man in anderen Titeln früher oder später bei Energieverlust diverse Heilutensilien findet, muss Grave auf sowas komplett verzichten.
Dafür wanderte die Schildanzeige in diesen Titel. Bei Treffern wird stets erst jener Schutz angegriffen, bevor es tatsächlich an Grave’s Energiehaushalt geht.
Je nachdem mit welchen Waffen der Protagonist beharkt wird, schwindet auch dieser Schutz unterschiedlich schnell. In ruhigen Momenten füllt sich diese quasi Back up Leiste von alleine wieder auf.
Hat sich der düstere Rächer zum Ende des jeweiligen Levels geballert, wartet der obligatorische Endboss auf Grave. Sind die ersten Vertreter dabei noch relativ Menschlich anzusehen, mutieren sie von Level zu Level immer mehr.
Interessantes Extrafeature bei den Bosskämpfen… hat Grave die Lebensenergie der Kontrahenten bis zu einem gewissen Punkt gesenkt, kann er eine besondere Spezialattacke auf den Boss wirken.
Dies wird dem Spieler durch ein blau leuchtenden Totenschädel signalisiert. Nun packt der Untote in einer Extrasequenz ein besonderst abgefahrenes Sarg Special Attack Feature aus. Ganz großes Gamingkino.
Danach wird bei GUNGRAVE abgerechnet. Fünf Faktoren [Trefferzahl, Opferrate, Levelzeit, Lebensenergie und Stilbonus] fließen in das finale Level und Style Ranking ein.
Für jeden Faktor erhält man maximal 5 Totenköpfe [je nachdem wie man gespielt und gestylt hat], welche sich zu einem finalen Gesamthighscore verbinden.
Mit diesem schaltet man nach und nach schließlich einen von mehreren Spezialtechniken [siehe oben] frei. Diese destruktiven Superschüsse tragen dabei so klangvolle Namen wie Höllenfeuer, Kugeltanz, Flammendes Inferno etc.
Zwischen den sechs Abschnitten betreibt Grave noch Konversation mit Tokioka und der jungen Mika [jene aus der Opening Sequenz].
Hier wird zudem gleichzeitig die zwar nicht unbedingt neue, aber durchaus nette Geschichte von Grave und seiner Rache am Syndikat und dem ehemaligen Freund Harry MacDowell weiter erzählt.
Mika Asagi spielt eine wichtige Rolle in der düsteren Rachegeschichte von Gungrave.
G U N G R A V E – Persönliche Meinung
Gungrave hat als Spiel ansich, nur mit einem wirklichen Makel zu kämpfen. Der Titel ist unglaublich kurz geraten. Nach knapp 2 Stunden [wenn überhaupt], bekommen Spieler den Abspann präsentiert.
Sicherlich bietet Gungrave im Anschluss einige Anreize den Titel erneut zu spielen… neben neuen Schwierigkeitsgraden, der Möglichkeit das Level Rating zu perfektionieren oder Figuren und Filmsequenzen freizuspielen.
Dennoch. Der Umfang ist und bleibt zu kurz. Diesem berechtigten Kritikpunkt stehen aber wiederum viele gute positive Faktoren entgegen.
Da hätten wir an erster Stelle das Universum selbst. Yasuhiro Nightow [bekannt für sein Neo Western Werk Trigun], liefert mit der Erschaffung des Heldens und des Backgrounds ein interessantes Konzept ab.
Zusätzliches Charakter und Mechanical Design geht darüberhinaus auf die Feder von Kosuke Fujishima [Oh! My Goddess] zurück.
Für die treibenden, rockigen und manchmal meditativen Klänge zeichnete sich Tsuneo Imahori aus. Bekannte Namen sind also für dieses Spiel vorhanden.
Verbindet man diese Fakten und Klänge mit dem unglaublich harmonierenden Cel Shading Look in Kombination mit den wundervollen Animesequenzen werden Genre und Nischen Game Freunde absolut ausreichend bedient.
Meinereiner besorgte sich den Titel 2003 für kleines Geld. Spielte am Wochenende des Jahres 2012 Gungrave für dieses Review erneut. Und fand am Ende erneut kurzweiligen Spass.
Wenn ein Spiel trotz berechtigter Kritik soviel auf der Haben Seite bietet, kann man nicht viel verkehrt machen. Gungrave bietet einen düsteren Protagonisten inklusive hemmungslos krachend simples Gameplay.
Irgendwie modernisierter in 3D Welten gehobener Ballerspass, welchen man früher mit ähnlichen Titeln hatte.
Das beste Erlebnis bei Gungrave ist und bleibt aber für mich dieses unglaublich genial gemachte interaktive Ende des Titels.
G U N G R A V E – ENDE