Die Kunst des Ausklangs.
Nach dem Ende der literarischen RING Trilogie im Januar 1998 durch die Veröffentlichung des Romans LOOP, hätte man meinen können, Autor Koji Suzuki hat wirklich alles über den rachsüchtigen Geist Sadako und die darin verwobenen Personen erzählt. Weit gefehlt… ein Jahr später sollte die nächste Publikation aus diesen ungewöhnlichen Universum folgen. Mit dem Roman BIRTHDAY erschuf er eine Art Redux Fassung zur berühmten Trilogie. Ein Kurzgeschichten Band zu vergessenen Episoden aus RING, RASEN und LOOP.
Birthday
Gezieltes Kalkül oder doch die Liebe zum schreiben an diesem damaligen japanischen Phantastik Phänomen? Hier eine klare Grenze zu ziehen ist ebenso fragil wie die gestellte Frage ansich. Wenn etwas Erfolg hat, muss Nachschub her. Für den dürstenden Markt. Für weiteres Geld auf dem Konto des Autors. Der Kurzgeschichten Band BIRTHDAY fällt sicher in diese Sparte, dennoch ist es erstaunlich, wie wundervoll das ganze dennoch mit der eigentlichen RING Trilogie harmoniert. Koji Suzuki schuf für the BIRTHDAY [so der Originaltitel] drei Geschichten, welche zwei Dinge verbindet. Das RING Universum mit dem Themen Tod & Geburt. Da hätten wir als ersten Beitrag in diesem Roman die Geschichte „Der im Himmel treibende Sarg„. Ein kurzes, schon intimes Recap zu Mai Takano und ihrem mysteriösen verschwinden im 2. Band RASEN. Wir erfahren vom Leid der jungen Frau. Alleine und verlassen in einem Dachschacht auf die Geburt und den Tod zu warten. Mit „Lemonheart„, der zweiten Geschichte in diesem Buch, geht es in die Vergangenheit von Sadako Yamamura und ihrer Zeit bei der Theatergruppe Hisho. Hier lernen wir die junge schon latent übersinnlich begabte Sadako kennen sowie ihre stärker werdenden Gefühle zum Ton und Lichttechniker Hiroshi Toyama. Diese Geschichte basiert auf den dünnen Informationen aus dem Original RING Roman. Koji Suzuki erweitert das wenig bekannte aus RING für diese Kurzgeschichte überraschend tiefgründig und schlägt zum Ende hin eine Brücke vorwärts zum Roman RASEN. Weiterhin ist Lemonheart die geschriebene Vorlage zum Film Ring 0. „Happy Birthday“ bringt uns schließlich zurück in die LOOP Welt und mit dieser gleichzeitig zur schwangeren Reiko Sugihara. Wir erfahren vom Schicksal der MHCV Infizierten und ihres Freundes Kaoru Futami.
Emotionale Kurzgeschichten
2013 war für mich die Wiedergeburt eines schon längst vergangenen japanischen Literatur Phänomens namens RING. Mangels Desinteresse an unzähligen Büchern aus der Sammlung, griff ich erneut zu RING und begann zu lesen. Das was blieb, was ich davon hielt und halte, konnte / kann der Leser in den Reviews zu RING – RASEN – LOOP selbst ergründen. Doch nach dem Ende von LOOP verfiel ich in eine Art Unzufriedenheit. Soll es das wirklich schon gewesen sein? War das alles? Solche Gedanken und Gefühle blättern wahrscheinlich von einem ab, wenn man mit dem gelesenen soweit zufrieden war, aber dennoch dürstete. Ich wollte mehr. Quasi… schreibs noch einmal Koji. Dann und nur dann bin ich wirklich zufrieden und fühle mich komplett. Der Kurzgeschichten Band BIRTHDAY entwickelte beim lesen eine ganz besondere Stimmung. Koji Suzuki verfasste die drei Geschichten Der im Himmel treibende Sarg, Lemonheart und Happy Birthday sehr menschlich und emotional beschrieben. Ein Punkt welcher in der ursprünglichen RING Trilogie noch ziemlich oberflächlich verarbeitet wurde. Hier „traktierte“ uns der Autor noch mit japanischer Gruselmär gepaart mit Wissenschaftlichen Fakten und Fiktionen. Es kam mit BIRTHDAY fast einer Belohnung gleich, diverse Charaktere noch endlich besser in ihrem Seelenleben verstehen zu können. Ein ganz großer Pluspunkt von BIRTHDAY meiner Meinung nach. Ebenfalls fand ich die Erkenntnis toll, dass die Kurzgeschichten unglaublich harmonisch zum Ausgangsmaterial passen ergo korrespondieren und schließlich den tatsächlichen Zweck, die Ergänzung und keineswegs Erweiterung erfüllen. Sicherlich kann Kritik geäußert werden, warum wurden diese Geschichten nicht schon ins entsprechende Originalwerk eingeflochten? Ist ein Roman wie BIRTHDAY überhaupt nötig gewesen? Ich für mich sage… NEIN. Er wäre nicht nötig gewesen, wenn Koji Suzuki sie, die Kurzgeschichten bereits in die Originale eingebaut hätte. Doch nun sind sie da und erfüllten und erfüllen ihren Zweck auf ihre ganz eigene, persönliche Note. Angenehm abgerundet wird diese Publikation welche mal wieder direkt aus dem japanischen übersetzt wurde, von einem interessanten Kommentar aus der Feder von Akira Mitsuhashi und dem Ring-Baum. Dank dieser vier in diesem Universum erschienenen Bücher konnte ich nun endlich den „RING in mir“ vollenden und genüsslich abschließen. Die Existenz einer von der Gesellschaft verteufelten und gehassten jungen Frau, ihr einziger Wunsch nach Frieden und Anerkennung, welcher schon zu Lebzeiten nicht möglich war. Es gäbe noch unzählige Interpretationen zu ihr und all den anderen. Doch dies soll nicht Bestandteil dieses Reviews sein. Nur eines noch… Sadako Yamamura wird sich bei mir einreihen in die große Reihe fiktionaler Buch Charaktere, an welche man sich gerne erinnern tut. Der Virus hat im übertragenen Sinne für mich nun endlich seine Schuldigkeit erfüllt.
* * *
Geburt und Tod. Der ewige Kreislauf. Die japanische Kunst des Ausklangs.
Originaltitel: the BIRTHDAY
Release: Februar 1999 [Kadokawa Horror Bunko]
Deutsches Release: Mai 2006
Übersetzung: aus dem Japanischen von Alexandra Klepper
Seitenanzahl: 206
ISBN No.: 3-453-43132-4