Mit dem 1997 insolvent gegangenen Animationsstudio Artmic, dürften besonderst die älteren Anime Fans eine gewisse Erinnerung verbinden. Werke wie Bubblegum Crisis, Gall Force, A.D. Police oder das kontroverse Genocyber stammen – gerne auch in Co op mit anderen Studios – aus jener berühmten Ideenschmiede.
Ein etwas untergegangener Vertreter aus ihrer Schaffensphase, ist wohl die Juli 1991 in Japan gestartete dreiteilige Detonator Orgun OVA.
Da Subculture works. bekanntermaßen eine besonderst große Herzkammer für Hobby Vergangenes aller Art besitzt, möchte ich Euch mit diesem Review jenes Oldschool Anime SF Universum aus der Hand von Masami Obari etwas näher vorstellen.
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Dieses Charakterdesign sagt Euch eventuell etwas? Die Auflösung gibt es weiter unten…
Prelude
Die unendliche Weite des Alls…
einsam und scheinbar tot ruht der Mech auf einen der Saturn Monde.
Doch eine Raum Zeitverzerrung lässt die Maschine erwachen. Unbekannte feindliche Jäger nähern sich. Scheinbar haben sie gefunden, was sie gesucht haben. Ohne zu zögern stellt sich die Maschine den Angreifern und verwickelt während des Gefechts viele Lichtjahre entfernt in der Nähe vom Mars, noch ein terrestrisches Transport Shuttle in Schwierigkeiten. Die Crew ist fassungslos als sich die wahre Natur des Objektes herauskristalisiert, dass sie im Anfang für einen Kometen hielten, welcher ihre Umlaufbahn kreuzt.
2292 AD. Erde
Ein junger Mann flieht mit seiner weiblichen Begleitung vor einer Gruppe Männern in Maschinenpistolen. So ganz mag der altertümliche Auftritt des Mannes nicht passen. Fliegerhaube und eine Jacke der deutschen Luftwaffe aus dem 20. Jahrhundert? Doch es gibt wichtigeres. Da der Aufzug nicht funktioniert, fliehen beide durch das Treppenhaus hinauf auf das Dach eines Wolkenkratzers. Hier werden der Mann und die Frau von den Verfolgern schließlich eingekesselt. Wäre dadurch die Situation nicht schon brenzlig genug, stößt aus den Wolken noch ein alter Doppeldecker aus dem Weltkrieg hinzu. Den beiden bleibt schlussendlich nur der Sprung in den sicheren Tod.
Es ist Montagmorgen als derselbe Junge aus einem vergeigten Virtual Reality Trip erwacht. Die Realität hat ihn eigeholt…
Das Leben des Studenten Tomoru Shindo aus Artificial City 5 in der Nähe des Äquators bietet nichts als Tristesse. Es lebt sich sicher und bequem in dieser glitzernd automatisierten Zukunft. Dies garantiert schon die EDF (Earth Defense Force), welche den blauen Planeten vor möglichen Aggressoren aus dem All beschützt. Doch um welchen Preis.
Mit einem Fingerschnips aktiviert er die Jalousinen und ein Multifunktions Gerät. Schon ploppt die Nachricht seines Klassenkameraden Kock auf, welcher um ein Treffen bittet. Und auch sein Bruder zappt kurz darauf rein, welcher ihm ein Job Angebot offeriert. Nebenher läuft im Nachrichtenflash von Channel 05 noch die Ankündigung des Weltuntergangs durch die blinde Prophetin Kumi Jefferson.
Raus an die frische Luft…
und rein in das bereits wartende öffentliche Verkehrsmittel. Hier trifft er wie schon so oft, auf ein unbekanntes Mädchen und deren Out to date Frisur über jene er sich insgeheim lustig macht. Dennoch… die Fremde versprüht eine besondere Faszination die Tomoru nicht verneinen kann. Beim anschließenden Treffen mit dem Schulkollegen, kann Tomoru keinen Entschluss für die eigene Zukunft finden. Dem eigenen Blut in die Fussstapfen treten? Der EDF anschließen? Er bleibt wankelmütig.
Viel lieber nährt er sich an Erinnerungen aus der Vergangenheit. Den Errungenschaften des 20. Jahrhunderts. Wird von seinem Freund wegen seines Oldschool Style sogar getadelt. Dabei ist er stolz auf seine Replika Luftwaffen Jacke. Um der Langeweile zu entgehen, flüchtet sich Tomoru jeden Abend mittels der Pasfu Hardware in virtuelle Welten und Träume. Hier kann er der Held sein, der er im wahren Leben nicht ist. Die Software dazu lässt ihn sein Klassenkumpel Knock zukommen.
Unsere Geschichte macht daraufhin einen Sprung ins Untergrund Labor der Earth Defense Force. Hier arbeitet die Wissenschaftlerin Michi Kanzaki (Tomoru’s mysteriöse Unbekannte) zusammen mit dem Super Computer I-Zack an der Wiederherstellung einer unbekannten mechanischen Einheit. Die dazu stoßenden Männer unter ihnen Michi’s Vorgesetzter Direktor Forsten, brennt dabei nur eine Frage unter den Nagel. Was dieses Fundstück ist. Weder Michi noch I-Zack könnten diese Frage beantworten, bevor der Mech komplett restauriert wurde. Unterdessen erfahren die Männer vom Zwischenfall im All mit der nun im EDF Labor befindlichen Maschine.
Tomoru hingegen hat einen weiteren VR Trip der sich diesmal aber als höchst sonderbar entpuppt. Während der Session wird er mental von irgendjemand kontaktiert. Was folgt ist ein Flashback der unbekannten Mech Einheit welchen Tomoru hautnah miterlebt.
Zoma, der Biomechanische Kampfplanet.
Zeitgleich nähert sich aus den Tiefen des Alls ein unbekannter Aggressor der heimatlichen Erde. Der Zoma titulierte Kampfplanet, schickt einen Späher (es gibt variable Modelle der Aggressoren) in Richtung Erde um den unbekannten Mech aufzuspüren und zu vernichten. Natürlich registriert das EDF Hauptquartier die Ankunft, geht aber anfangs von einem Meteor aus. Daraufhin entsendet man das EDF Birdman Kampfsquadron unter der Führung der toughen Yoko.
Schnell wird der Staffel jedoch klar, dass hier kein Meteor im Meer vor Artificial City No.5 eingeschlagen ist. Die feindliche Kampfeinheit wird schnell zum Problem des EDF Squadrons und richtet nebenher eine kleine Verwüstungsorgie in der hypermodernen Erdenstadt an. Parallel dazu reaktiviert sich der Mech im Labor von selbst und bricht aus seiner Untersuchungsstätte aus. Dieser unglaubliche Vorgang wird sogleich Michi mitgeteilt, welche sich ohne zu überlegen auf die Suche nach der Einheit macht. Auf diesen Weg stößt sie kurz darauf auf Tomoru, welcher panisch durch die Stadt eilt. So lernen sich die beiden schließlich kennen.
Prompt erlebt Tomoru einen Flashback seiner eigenen VR Erfahrung vom Anfang… er flüchtet mit Miki auf einen Wolkenkratzer um das Ausmaß das durch den Aggressor verursachte Chaos zu überblicken. Hier angelangt werden die beiden schließlich von der scheinbar abgestürzten Späher Einheit attackiert. Zunächst muss Tomoru hilflos mit ansehen, wie er absolut nichts gegen diese chaotische Bedrohung ausrichten kann. Nach Hilfe und Stärke flehend, erscheint urplötzlich die fremde Mecheinheit mit welcher Tomoru verschmilzt und den Angreifer schlussendlich vernichten kann.
Die feindliche Spähereinheit richtet beträchtliches Chaos in Artificial City 5 an, bevor Sie gestoppt werden kann.
Nach dem Kampf kommt etwas Licht ins Dunkel… die unbekannte Einheit nennt sich Orgun und hat eine Reise von 260 Millionen Kilometer hinter sich, um irgendetwas hier auf der Erde zu beschützen. Es besteht scheinbar eine mentale Verbindung zwischen ihm und Tomoru. Das Warum und Wieso ist bislang noch unklar (wir haben schließlich noch 2 OVA Episoden).
Was aber sicher ist sind die Aggressoren, welche sich Evoluters nennen und mit Zoma und deren Anti Materie Kanone die Erde vernichten wollen. Und auch die blinde Seherin Kumi prophezeit am Ende der ersten Episode für die Erde eine Verwüstung aus dem Himmel.
Mit Beginn der zweiten OVA befindet sich Tomoru im EDF Labor und wird mittels der Pasfu Hardware zu einem weiteren Orgun Flashback genötigt (er hat irgendwie keine rechte Lust auf seine neue Rolle). Der Zuschauer lernt so etwas aus der Vergangenheit von Orgun kennen. Einst Leibwächter von Mhiku, der Anführerin der Evoluters kämpfte er als Champion der Evoluters Seite an Seite mit seinen Kameraden Lang gegen andere Rassen. Ein Vernichtungsfeldzug nach dem anderen. Lang schätzte ihn für seine unerschütterliche Loyalität gegenüber Mhiku und der eigenen Rasse. Doch eines Tages begann Orgun seine Taten zu hinterfragen und stellte sich gegen sein eigenes Blut. Eine Tat die bis heute für Lang unverzeihlich ist.
Als Tomoru schließlich aus dem EDF Labor flieht, weil er kein Versuchsobjekt für die Einrichtung sein möchte, folgt ihm Michi. Als sie ihn schließlich in einem Kino ausfindig macht schleppt sie ihn zu einen anderen Ort um mit Tomoru in Ruhe zu reden. Tomoru der trotzallem immer noch von Michi angetan ist, erfährt das die Wissenschaftlerin alles andere als gewöhnlich ist. Nach dem Second Begining, einen gewaltigen Krieg erwarb sie durch die Experimente ihres Vaters besondere Fähigkeiten, welche sie heute für das EDF und ihre Arbeit nutzen tut. Auch dieser höchst interessante Einblick in den Mensch Michi, ändert nicht Tomoru’s Meinung als Versuchsobjekt herzuhalten.
Zurück im EDF erklärt Michi den hier Anwesenden die Wirkungsweise von Orgun und somit indirekt der der Evoluters. Die Außenhüllen seien extrem widerstandsfähig. Sobald sich die Brustplatte der Einheit öffnet, erschafft sich simultan ein Gravitationsfeld um den Körper, welches gleichzeitig den Raum um den Körper in eine Gravitationslinse warpt und so schließlich eine Verbindung mit der Einheit erstellt. So hat es jedenfalls der Reviewer verstanden, obwohl er sich mehr als einmal am Kopf gekratzt hat.
Unterdessen ist Tomoru in der Stadt unterwegs wo er erneut auf Yoko trifft, welche sich bei ihm für die damalige Hilfe bedankt und ihm rät das er kämpfe solle, wenn er erkennt das er etwas wirklich beschützen wolle. Während dieser Unterhaltung werden die beiden von einem unbekannten Evoluter belauscht. Michi die mittlerweile zu Hause ist und schlafen gehen will ereilt kurz darauf ein seltsamer Traum, der sie in das Museum führt wo sie etwas vom Cygnolight Plan aus dem Jahre 2100 erfährt. Hier lernt sie auch Leaf einen weiblichen Evoluter kennen. Als eine Hand aus dem Mech nach Ihr greift, erwacht sie schließlich.
Orgun, Deserteur der feindlichen Evoluters.
Später als sich Tomoru und Michi erneut in der EDF Zentrale treffen, erfahren wir von den seherischen Fähigkeiten Mhiku’s und dem Cygnolight Projekt, welcher schließlich zur Erschaffung der Evoluters führte. Dabei wird schließlich das Geheimnis der Biomechanischen aggressiven Rasse gelüftet.
In den Weiten des Alls befiehlt Mhiku den Angriff auf die Erde und Tomoru erkennt, dass er mit Hilfe von Orgun kämpfen muss um das zu schützen was er zu lieben gelernt hat.
Fazit
Detonator Orgun
Regisseur Masami Obari (Bubblegum Crisis Epi. 5 & 6, Toshinden, Fatal Fury) setzt Detonator Orgun aus der Federführung von Mecha Designer, Script Writer und Novelist Hideki Kakinuma in drei knapp Einstündige OVA’s um. Das Ergebnis ist ein komplexes und mit vielen klassisch gehaltenen Mechkämpfen durchzogenes Anime Science Fiction Werk der alten Schule. Verfeinert wird das ganze durch Charakterdesigns aus der Feder von Michitaka Kikuchi, dessen Künstlername Kia Asamiya wohl eher bekannt sein dürfte. Auch prominent dürfte die Musikuntermalung aus der Hand von Susumu Hirasawa sein.
Die große Stärke von Detonator Orgun wird durch die gegebene Laufzeit herausgearbeitet. Wo manche Anime SF Serien im TV Format selbst nach den üblichen 26 Episoden nicht zum Punkt kommen, wird hier konsequent auf ein unterhaltsames und gut ausgearbeitetes Szenario, dass ein durchaus kurzweiliges Ende bietet hingearbeitet. Die Geschichte welche gespickt ist durch sehnsuchtsvolle Erinnerungen an die Vergangenheit, Sprünge zwischen virtuellen Flashbacks der beiden Protagonisten, der Sinnsuche und weiteren bekannten Versatzstücken wird zusätzlich mit einigen Handlungsträgern zu dem, was es schlussendlich sein möchte. Eine kleine feine Mech Show mit Tiefe, welche nicht aufgesetzt wirkt, sondern nur ein weiterer sinnvoller Eintrag in der SF Riege ist.
Sicherlich manche Ideen und Konzeptionen die Detonator Orgun bietet scheinen etwas arg whoa. Ich sage nur die Fähigkeiten von Kumi am Ende der dritten OVA. Doch dann denke ich mir, ich schaue Anime nicht auf einen Wahrheitsgehalt hin (gerade in diesem Genre) der mich dann das Werk zerfleischen lässt, weil es purer Blödsinn ist und ich dann mit einem Maul voll Keifer darüber herziehen kann. Nein ich schaue Anime auch heute noch aus Interesse an der Thematik und der reinen Unterhaltung.
Und hier hat Detonator Orgun für Freunde klassischer Anime Genre Kost eine Menge zu bieten. Gerade die Geschichte der Evoluters ist für Mech Freunde eine meiner Meinung nach interessante Variante eines bis heute schon oft erzählten Stoffes. Man spürt, dass sich Kakinuma einige Gedanken gemacht haben muss, bevor er das Material Masami Obari und den anderen Beteiligten in die Hand gedrückt hat.
Ein Punkt der wirklich etwas Anlass zum nörgeln gibt, ist die englische DVD Veröffentlichung selbst. Leider wurde hier auf eine japanische Tonspur verzichtet, sodass sich der Zuschauer nur mit einer mittelmäßigen englischen Dub Version begnügen muss. Hier merkt man wirklich, dass ich älter und wahrscheinlich anspruchsvoller geworden bin.
Denn das Werk ansich, die strikte ohne größere Hänger erzählte utopisch fantastische Geschichte, war es mehr als wert mir diesen Anime wieder in das eigene Gedächtnis zu holen und ihn hier zu verewigen.
In diesem Sinne… ORRGUUNN!
(Credits)